Samstag, 25. August 2012

Böser Blasentee


Ja, richtig, Bubble Tea ist pappsüß, sieht in der Regel aus, als käme er von einem anderen Planeten, enthält angeblich doppelt so viele Kalorien wie Cola und kleine Kinder könnten an den Kügelchen ersticken. Also ganz böse. Nun bin ich kein manischer Kalorienzähler, aber der Gedanke, dass man sich mit einem Becher mal eben 500 davon reinpfeift, ist auch mir nicht wirklich sympathisch. Ich selbst bin eh wenig gefährdet, weil ich mir nicht viel aus Süßigkeiten mache und auch ein Problem mit als Getränken feilgebotenen Chemiecocktails aller Art habe. Das war übrigens nicht immer so: Als Kind gab es für mich nichts Schöneres als diese aus Pulver angerührten Erfrischungsgetränke. Wenn da 'Orange' draufstand, dann konnte man davon ausgehen, dass er engste Kontakt, den das Zeug mit Orangen hatte, darin bestand, bei der Anlieferung im Supermarkt an einer Steige Orangen vorbei getragen worden zu sein. Diese Vorliebe hat sich, wie gesagt, gründlich ausgewachsen.

Dienstag, 14. August 2012

Quält euch!


Die Kulturpessimisten blicken mal wieder voll durch: Die geringer als erwartet ausgefallene deutsche Medaillenausbeute bei den am Sonntag zu Ende gegangenen Olympischen Spielen sei darauf zurückzuführen, dass wir Deutschen nicht mehr bereit seien, uns zu quälen, es fehle uns am letzten Quentchen Siegeswillen. Silber dürfe nicht das neue Gold sein. Und weil Sport der Spiegel der Gesellschaft sei, stehe es schlimm um Deutschland. So entfuhr es Michael Backhaus in der BamS in schöner Verleugnung dessen, was den Olympischen Geist irgendwann einmal ausgemacht hat.

Samstag, 11. August 2012

Leistungsträger im Schwimmbad


Die frühe Morgenstunde, so ab sieben, ist im Freibad die Zeit der rüstigen Rentner. Die ziehen dort, unabhängig vom Wetter und immer in der gleichen Besetzung, Morgen für Morgen auf der gleichen Bahn ihr Pensum herunter. Käme Mitte August ein arktischer Kälteeinbruch, der Treibeis brächte, es störte sie nicht weiter. Und Gott möge dem Eindringling gnädig sein, der es wagt, einfach so eine der Bahnen zu okkupieren, die seit Jahren fest vergeben sind. Der seit Jahrtausenden bewährten Rammtaktik sei Dank, wird er bald seinen letzten Armzug getan haben. Normalerweise ist das alles aber kein Problem für einen ausgemachten Langschläfer, weil einfach zu früh. Außerdem verdient so viel Selbstdisziplin und Zähigkeit, aller Schrulligkeit zum Trotze, unbedingt Respekt.

Mittwoch, 8. August 2012

Romeo und Julia in braun


Wenn unsere Gegner sagen: 'Ja, wir haben euch doch früher die Freiheit der Meinung zugebilligt.' - Ja, ihr uns! Das ist doch kein Beweis, daß wir das euch auch tun sollen. Daß Ihr das uns gegeben habt, das ist ja ein Beweis, wie dumm ihr seid." (Joseph Goebbels am 4.12.1935)
Die äußeren Umstände des Falls der Ruderin Nadja Drygalla sind bekannt: Als herauskam, dass Drygalla mit Michael Fischer liiert ist, der 2011 in Mecklenburg-Vorpommern für die NPD zur Wahl angetreten ist, verließ sie letzte Woche nach einem Gespräch mit Michael Vesper, Chef de Mission der deutschen Mannschaft, das Olympische Dorf und reiste aus London ab.

Seitdem ist das Geschrei groß: Wie kann man es wagen, die arme Frau wegen einer reinen Privatsache derart zu drangsalieren? Es gehe schließlich niemanden etwas an, mit wem sie zusammen sei. Das sei üble Gesinnungsschnüffelei, Sippenhaft und Rufmord. Unerträglich! Alarm, Meinungsfreiheit und Demokratie in Gefahr! Einige entblöden sich noch nicht einmal, diese Episode hochzustilisieren zu einer Art Romeo und Julia in braun. In der Art von: Hach, das arme Mädchen, dem das Recht beschnitten wird, den Mann ihres Herzens zu lieben! Gehts noch oder tut es sehr weh?

Montag, 6. August 2012

Feudalismus 2.0


Technische Neuerungen, heißt es immer noch, machten uns grundsätzlich freier und  entlasteten uns von stupider Arbeit. Wer da zu widersprechen wagt, gilt schnell als piesepömpliger Bedenkenträger. Natürlich möchte kaum jemand die Möglichkeiten noch missen, die zum Beispiel das Internet in puncto Kommunikation und Information bietet. Doch wäre es schlicht töricht, nicht auch über den Preis zu reden, den das hat. So wird oft geschrieben und diskutiert, dass die Grenzen zwischen öffentlich bzw. beruflich und privat immer mehr verschwömmen. Mitarbeiter müssen via E-Mail und Handy rund um die Uhr erreichbar sein, auch im Urlaub, und Millionen exponieren sich bereitwillig via facebook und Co einer wachsenden Öffentlichkeit.

Donnerstag, 2. August 2012

Die Mär von der Schere im Kopf


"Seit 2008 wird zurück geritten!", so entfuhr es ARD-Sportkommentator Carsten Sostmeier angesichts des Goldmedaillengewinns der deutschen Vielseitigkeitsreiter in London. Hintergrund war, dass die deutsche Equipe 2008 in Peking durch einen umstrittenen Protest der Gegner auf dem zweiten Platz gelandet war und nun die verdiente Revanche bekommen hätte. Der rhetorische Herrenreiter musste ziemliche Kritik einstecken für seinen Adolf-Rekurs und sich öffentlich entschuldigen. In dem Trubel ist übrigens die nicht minder geschmacklose Äußerung Sostmeiers untergegangen, die heimtückischen Briten und Franzosen hätten "uns" 2008 die schöne Goldmedaille am grünen Tisch mit fiesen sportrechtlichen Winkelzügen schmählich entrissen. Zu "heimtückischen Welschen" und zum "perfiden Albion" ist es da nicht mehr weit. Man braucht Sostmeier noch nicht einmal rechtes Gedankengut zu unterstellen. Vermutlich kam er sich einfach nur irre witzig vor.

Dienstag, 31. Juli 2012

Sprachliche Hassobjekte


Also-ja-Sätze

Sie sind überall. Platitüden, in denen die grundsätzlich die beiden Füllwörter „also“ und „ja“ auftauchen. Das „also“ steht immer am Anfang, während das „ja“ meistens in der Nähe des Prädikats oder des Objekts haust. Beispiele gefällig? Es gibt mehr davon, als einem, der Sprache und Kommunikation nicht völlig stumpf über sich ergehen lässt, lieb sein kann:

Montag, 30. Juli 2012

Halbkritisches zu Olympia


Also Olympia. Natürlich kann man eine Menge Kritisches über die Olympischen Spiele sagen und sich abwenden mit den Worten: "Guck' ich nicht!" Gern wird beklagt, dass der Geist des Gründers, Pierre de Coubertin, längst verflogen ist und einer ungehemmten Kommerzialisierung Platz gemacht hat. Das kann man, wie gesagt beklagen, aber man sollte es sich gut überlegen. Denn die Spiele sind ursprünglich aus dem Gedanken entstanden, die Jugend der Welt für den imperialistischen Überlebenskampf zu stählen. Dann doch lieber Kommerz. Man kann sich auch anders seinen Spaß machen: Zum Beispiel kann man mitzählen, welche zusätzlichen Disziplinen diesmal von Chinesen geentert werden und hochrechnen, wie viele Olympiaden es noch dauern wird, bis bei ausnahmslos allen Siegerehrungen drei rote Fahnen mit gelben Sternen gehisst werden und alle anderen teilnehmenden Nationen das ganze aus Frust boykottieren.

Freitag, 27. Juli 2012

Susanne Lothar (1960-2012)


Zu Susanne Lothar fallen mir nur Superlativ-Floskeln ein, wie sie von PR und Presse täglich massenhaft verbreitet werden. Auch hatte ich kein persönliches oder gar freundschaftlichen Verhältnis zu ihr. Warum fühle ich mich dennoch genötigt, hier einen Nachruf zu bringen, wenn mir nichts Kreativeres einfällt? Weil ich bei ihr das Gefühl habe, eine prägende persönliche Begegnung gehabt zu haben mit einem faszinierenden Menschen. Ich hatte nämlich das Glück, diese zierliche, doch so große Frau einen unvergesslichen Abend lang live im Theater erleben zu dürfen und selten hat mich etwas so berührt und durchgeschüttelt. Das ist jetzt ziemlich genau zwanzig Jahre her. Die traurige Nachricht von ihrem frühen Tod brachte vieles zurück. Doch bleibt vor allem tiefe Dankbarkeit.

Freitag, 29. Juni 2012

Verdient ausgeschieden


Vercoacht

Der 2:1-Sieg (2:0) Italiens war verdient und ging völlig in Ordnung. Auf deutscher Seite hätte man sich auch über eine 0:3- oder 0:4-Klatsche nicht beschweren dürfen. Das wiegt umso schwerer, als dass Prandelli taktisch nichts anders gemacht hat als in den Spielen zuvor und die italienische Mannschaft daher im Vorfeld eigentlich gut auszurechnen gewesen ist. Sollten sich beim DFB ein paar Leute mit Ahnung vom Fußball befinden, dann wird Löw sich für seine taktische Einstellung und seine Mannschaftsaufstellung zu Recht einige unangenehme Fragen gefallen lassen müssen. Man bedenke, dass Roy Hodgson mit der spielerisch und taktisch weitgehend überforderten englischen Elf Italien immerhin eine Verlängerung abverlangt hat, indem er ganz simpel eine 4-4-2-Formation gegen eine 4-4-2-Formation hat spielen lassen. Wenn Löw unbedingt mit seiner Aufstellung überraschen wollte, warum nicht von Anfang an mit zwei Spitzen, Reus und Klose, auflaufen? Warum keine Mittelfeldraute mit Özil und Khedira als Vertikalachse? Wieso musste unbedingt der sichtlich nicht fitte Schweinsteiger spielen?